Paul Kühn
freiberuflicher Berater zur Digitalisierung im Maschinenbau.
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Da ist man endlich fertig mit der Frästeilkonstruktion. Endlich geht es an die Bestellung. Unter Umständen kann dies jedoch ein aufwendiges Unterfangen werden. Wer Erfahrung hat stellt sich darauf ein, dass die Kalkulation beim Fertiger und die firmeninterne Bestellung im Einkauf jeweils mal ein paar Tage dauern kann. Gerade wenn man es eilig hat oder einfach auch nicht Stunden in die Anfragekommunikation investieren will, bieten Online-Kalkulationen für Dreh- und Frästeile eventuell eine interessante Alternative. Im Grunde bestehen die Schritte aus
1. Modellupload
2. Spezifikation des Bauteils in der Konfigurationsmaske
3. Bestellung basierend auf dem Preisvorschlag.
So simpel es klingt, das Angebot muss dem Anspruch an Lieferzeit, Qualität und Kosten gerecht werden. Zeit den Anbietern auf dem Zahn zu fühlen und eine vergleichende Anfrage durchzuführen.
Interessant ist eigentlich, wie unterschiedlich die Reaktionen sind, wenn man mit Firmen über das Thema "Frästeile aus Online-Shops" spricht. Was sich 80% noch vorstellen können, ist, dass die Komplexität von Blechen und Kantteilen von einer Software erfasst und eine entsprechende Preiskalkulation durchgeführt werden kann. Anders sieht es da bei Frästeilen aus. Kaum einer hielt es in den letzten Jahren für möglich, dass die prozessbedingte Komplexität softwareseitig berücksichtigung werden kann. Denn für das Fräsen werden oft Spezialvorrichtungen konstruiert, die teilweise komplexer bzw. teurer sind als die Fertigung des eigentlichen Bauteils. Hier geht es eher um das Möglichmachen und nicht nur um die Kosten der Bauteilfertigung selbst.
Spätestens seit der Coronakrise 2020 und dem einhergehenden Zwang den Kunden auch digitale Zugänge zu ermöglichen, hat sich hier eine Menge getan. Es haben sich eine Menge Firmen dem Thema Online-Beschaffung angenommen und teilweise interessante Lösungen entwickelt. Je nach Anbieter unterscheiden sie sich sehr in ihrer Ausrichtung. Manche fokussieren eher technische Innovation, während es anderen um attraktive Preise oder hohen Qualitätsanspruch geht.
Dabei wird bei der Online-Kalkulation von Frästeilen viel Aufwand in sogenannte DFM-Checks ("design for manufacturability") gesteckt, um zu überprüfen, ob eine Geometrie überhaupt fräsbar ist, oder nicht. Ein gutes Beispiel sind Hinterschnitte: Hier wird von den Programmen gerne eine nicht-fertigbarkeit ausgegeben, obwohl eine Fertigbarkeit über Spezialwerkzeuge gegeben ist. Das Beispiel verdeutlicht die Komplexität des Prozesses und wurde von einigen Online-Plattformen schon in Online-Kalkulations- und Bestellsysteme überführt.
Auch die Qualität und Zuverlässigkeit der online kalkulierten Kosten von Dreh- und Frästeilen hat sich in den letzten 5 Jahren massiv verbessert. Grund genug einige der Fertigungsplattformen genauer unter die Lupe zu nehmen und ihr Angebot zu vergleichen.
Klar - der Preis spielt eine Rolle. Wie wir unten sehen werden, scheinen einige der Kalkulatoren einfach unverschämt hohe Preise auszugeben und zu hoffen, dass der Kunde da mitspielt. Grundsätzlich ist der Preis ja natürlich nicht alles, und im Grunde muss das Dreieck aus Preis, Qualität und Lieferzeit passen.
Für die Lieferzeiten scheinen 3-4 Wochen die "Standards" bei Frästeilen zu sein, die meisten Onlineshops bieten "Expressaufschläge" für kürzere Lieferzeiten. Das kann manchmal sicher vorteilhaft sein - mir haben für den Vergleich mal die Lieferzeiten gereicht, so wie sie sind.
Hier soll es erstmal eine Trockenübung zur Vorauswahl bleiben. In einem späteren Artikel werde ich dann auch ein paar CNC-Bauteile online kalkulieren und bestellen und qualitativ miteinander vergleichen. Idealerweise werde ich das in einem Videovergleich machen, denn da sieht man den optischen Eindruck am besten. Allerdings muss mein Arbeitgeber/Budget dafür erstmal ein passendes Projekt hergeben :)
Wichtig war, dass die Preise AD-HOC kalkuliert werden. Es gibt quasi Tausende Seiten bei denen man über ein Kontaktformular Teile und Zeichnungen zuschickt und nach ein paar Tagen ein Angebot zugeschickt bekommt. Aber die ganze Grundidee ist ja die schnelle und zuverlässige Online-Kalkulation von Frästeilen auf Basis der Modelldaten - und das wurde hier auch gesucht.
Die folgenden Fertiger habe ich in Betracht gezogen für die Beschaffung von Dreh- und Frästeilen. Wir haben eine internationale Auswahl an Startups und Mittelstand, Firstmover und Early-Follower. Möge der Beste gewinnen!
Instawerk ist als Online-Fertiger fokussiert auf Dreh- und Frästeile und das merkt man auch an der Engine und an den Optionen: Die Teile können einfach und passend auf die Fertigungsprozesse "Fräsen" und „Drehen“ bezüglich Oberfläche, Toleranzen, Liefertermin und Legierungen im Online-Shop ausgewählt werden. Die Führung über vier Einzelschritte ist einfach und gut visualisiert ohne viel Schnickschnack. So soll es sein. Wo notwendig lässt sich auch eine Zeichnung für die Spezifikation von Passungen und Gewinden ergänzen.
Gerade für mittlere und große Unternehmen ist die Anbindbarkeit über ERP-Systeme sicher interessant.
Das fande ich an Instawerk im ersten Eindruck gut:
+ Klarer Fokus auf Frästeile: Entsprechend einfache und schnelle Bestellung mit guter Online-Führung und schneller Berechnung
+ Günstigster Anbieter hier im Vergleich
+ Gute, fokussierte Spezifikationsmöglichkeiten
+ Lean: Man kann einfache Teile auch ohne Zeichnung mit Allgemeintoleranzen bestellen. Das spart dem Konstrukteur viel Zeit. Alternativ einfach Zeichnung hochladen.
+ Multi-Channel: Wer möchte, kann klassisch über E-Mail für Spezialtoleranzen und nicht online verfügbare Legierungen oder bei sehr kurzen Lieferzeiten (Express) anfragen oder als Unternehmen auch die ERP-Schnittstelle (OCI) nutzen.
Diese Dinge haben mir nicht so gut gefallen:
- Es gibt bisher keine Online-Expressoption: Die gibt es bisher nur über E-mail ab 24h Lieferzeit. Kürzeste Lieferzeit im Shop sind 3 Tage.
- Wer seinen Bedarf an Blechen, 3D-Druckteilen etc über einen Anbieter stemmen möchte, wird bei InstaWerk nicht fündig, da sie sich auf die spanende Fertigung spezialisieren.
Insgesamt macht Instawerk den Eindruck, aus der ganzen Unternehmung keine Raketenwissenschaft zu machen, sondern einfach eine gute und schnelle Online-Kalkulation gepaart mit etwas reduzierten Auswahlmöglichkeiten anzubieten. Die günstigeren Preise sprechen für sich (siehe unten).
Gerade für agile Unternehmen, F&E Abteilungen oder Forschungsinstitute eine interessante Option!
Weerg ist auf den ersten Blick etwas verwirrend, dann aber gut zu nutzen. Der Upload klappt bei den Italienern gut und der Preis wird auch sauber berechnet. Es gibt eine große Anzahl an Auswahlmöglichkeiten bezüglich Qualität, Materialien und Lieferzeiten. Allerdings kommt die Firma vorallem aus dem 3D-Druck und das merkt man auch. Der Online-Kalkulator basiert wahrscheinlich auf der gleichen Konfigurator-Technologie und entsprechend ist sie zwar einfach gehalten, aber teilweise an machen Stellen zu einfach.
Das fande ich an Weerg gut:
+ Mittleres Preisniveau im Vergleich
+ Fokussierung auf CNC-Frästeile und additive Fertigung
Diese Dinge haben mir an Weerg nicht so gut gefallen:
- Ständig änderndes UI
- Zahlungsweise ist etwas unklar
- Nur recht kleine Teile möglich
- Die Spezifikationen basieren nicht auf normierten Angaben sondern Pauschalwerten, die etwas an chinesische Billiganbieter erinnern.
- Man muss hier relativ viel "adhoc" am Bildschirm spezifizieren. Für mich wäre vieles mit einer Zeichnung einfacher gewesen, statt jede einzelne Passung und jedes Gewinde nochmal anzuklicken.
Auch hier verhält es sich wie bei Instawerk: Reduzierte Auswahl, dafür einfache Bestellung. Wer nicht mehr braucht, wird hier glücklich. Preislich etwas teurer als Instawerk aber noch günstiger als die anderen Anbieter.
Vom Feeling eher was für Hobby-Anwender.
Also up2parts ist auf jeden Fall mal nicht die klassische Oberfläche, die der Ingenieur gewohnt ist. Meistens sehen unsere Softwareoberflächen aus als wären sie 1986 designt worden. Hier trumpft up2parts mit einer leanen schwarzen Oberfläche auf. Der Regenbogenfarbenmix ist jetzt dann wieder nicht so mein Fall, aber das ist Geschmackssache.
Das fande ich an up2parts gut:
+ Unkonventionelles Design und stabile Oberfläche
+ Fertigung in-house: Teuer, aber wahrscheinlich gut
Diese Dinge haben mir an up2part nicht so gut gefallen:
- Die Größe der CNC-Bauteile ist sehr eingeschränkt: Viele meiner Teile sind hier direkt rausgefallen
- Extrem teuer
Up2Parts hat mich tatsächlich vom design her angesprochen und ich hatte ein gutes Gefühl auf der Website. Allerdings hat das wohl vorallem das Herz angesprochen, denn rein von der Sachlage her, was Preise und Auswahlmöglichkeiten angeht, erscheint mir die Lösung overengineered bzw overpriced. Wenn man die Firma weiter googlet, gibt es mehr Informationen und Marketing zum "KI" Ansatz als zur eigentlichen Auftragsfertigung, erscheint mir daher garnicht wirklich auf der Lohnfertigung als Geschäftsprinzip zu fußen, sondern auf dem Partnering mit großen Industrie-Playern als "Softwarefirma".
Update: Dank eines Leserkommentars bin ich darauf aufmerksam gemacht worden, dass es auf up2parts garnicht mehr als Online-Kalkulator gibt, sondern dass ein Joint Venture mit DMG-Mori für den Softwarevertrieb gestartet wurde. Von daher ist das jetzt oben eh alles passé :)
Erscheint mir der richtige Partner für Digitalisierungsprojekte, die über ein reines Bestellen von Dreh- und Frästeilen hinausgehen.
Xometry ist ja ein übergehyptes Startup aus dem Silicon Valley, das mit natürlich mit Milliarden an Venture Capital überhäuft war und nun an der Börse ist. Theoretisch könnte uns dies als Kunden ja als sogar zum Vorteil werden. Aber mein erster Eindruck auf der Seite war: Die Seite ist zumindest technisch kein Stück besser als die anderen Seiten. Weder gibt es (außer bei der Qualitätskontrolle) mehr Funktionalitäten noch eine angenehmere Benutzerführung.
Das fande ich an Xometry gut:
+ Gute Möglichkeiten zur Qualitätssicherung
+ Man unterstützt einen Innovator mit Disruptionspotenzial in der Branche.
Diese Dinge haben mir an Xometry nicht so gut gefallen:
- Komplexe, überladene Oberfläche: Hier weiß man garnicht wo man hinklicken muss
- Sehr hohe Toleranzen: Ich habe das Gefühl die Toleranzen wurden einfach aus dem 3D-Druck übernommen und sind für die spanende Bearbeitung wirklich zu hoch.
- Extrem teuer
- Keine größeren Teile
Xometry ist für mich das Sinnbild amerikanischer VC-Startups. Das meiste Geld wird wohl für Branding und Marketing verbraten. Daran wäre jetzt nichts auszusetzen, wenn das Produkt wie z.B. Amazon eine hohe Kundenorientierung und/oder ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal hätte. Aber es ist einfach nur teuer und auch nicht besser als andere, lokale Produkte. Aus Gesprächen mit Fertigern weiß ich, wie hoch hier der Preisdurck auf die Fertiger ist. Das klingt unpartnerschaftlich und wird sich langfristig wahrscheinlich auch in der Qualität niederschlagen. Für mich ein Flopp.
Unternehmen, die in der Breite - also mit verschiedenen Fertigungsverfahren - bei der größten Plattform einkaufen wollen. Hier kommt natürlich eine gewisse Stabilität an Lieferfähigkeit mit rein, allerdings sprechen die Google-Rezensionen von Xometry nicht für höchste Qualität.
Der Mutterkonzern Misumi wurde 1963 in Japan gegründet und beliefert vor allem Unternehmen aus dem Maschinenbau mit Katalogware aber auch individualisierbaren Produkten. In den 80er Jahren expaniderte das Unternehmen in die USA und nach Europa. Das grunsätzliche Know-How auf der Fertigungsseite sollte also eigentlich vorhanden sein, um mit dem Ableger Meviy eine digitalisierte Online-Lösung für die Beschaffung von Frästeilen zu realisieren.
Das fande ich an Meviy gut:
+ Etablierter Anbieter im Maschinenbau mit wahrscheinlich guter Qualität
Diese Dinge haben mir an Meviy nicht so gut gefallen:
- Es lässt sich eigentlich kaum ein Bauteil wirklich online kalkulieren
- Komplizierte und langsame Registrierung. Ungewöhnlich aufwendige Online Kalkulation der Frästeile.
- Teuer, da die Teile in-house gefertigt werden, damit auch wenig Skalierungspotenzial über Prototypen hinaus.
Das man sich in Deutschland und Japan mit Veränderung nicht so wirklich leicht tut, sieht man auch an Meviy. An Fleiß und Kaptial hat es hier wohl nicht gemangelt, denn das Interface ist überladen mit Funktionen. Aber genau das was man als Kunde will, funktioniert nicht: Fräsbauteile kalkulieren. Der Upload ist langsam, die meisten Bauteile werden aus Prinzip abgelehnt und für die wenigen Teile, die man kalkulieren kann, sind die Bauteile extrem teuer.
Die (japanische und deutsche) Mentalität immer alles selber machen zu müssen und dann alles noch ein Stückchen weiter zu "verbessern", führt also zu unschönen Ergebnissen. Gegenüber einer Bestellung über E-Mail ist schon alleine der langwierigen Registrierungsprozesses keine wirkliche Option. Ich hoffe, wirklich, dass die Qualität bei eviy so viel besser ist, dass sie für die Kunden den finanziellen und organisatorischen Mehraufwand rechtfertigt. So richtig glauben kann ich aber nicht.
Für mich spricht eigentlich nur eine Sache für Meviy: Man ist schon Bestandskunde von Misumi und möchte zwingend auch dort Drehteile und Frästeile beschaffen, obwohl es viel bessere Möglichkeiten durch spezialisierte Anbieter gibt.
Eine etwas abgewandelte Einkaufspraktik fährt das Startup Spanflug aus München. Hier wird sich auf deutsche Lieferanten beschränkt, was wohl der Qualität dienlich sein soll. Ob es in der aktuell angespannten Zeit auch der Verfügbarkeit und Kostenattraktivität dient, bleibt jedem selbst zu bewerten. Neben dem Online-Shop betreibt Spanflug auch eine Kalkulkulationslösung für FErtiger, mit denen die Bauteilhersteller Dreh- und Frästeile flott kalkulieren können.
Das fande ich an Spanflug gut:
+ Verfügbarkeit vieler Werkstoffe
+ Schnelle Konfiguration und stabile Kostenanalyse (wenig Abbrüche oder Fehlermeldungen)
Diese Dinge haben mir an Spanflug nicht so gut gefallen:
- Teure Bauteilkosten im Vergleich
- Aus Kundengesprächen weiß ich, dass die Liefertreue und Qualität besser ist als bei Xometry, aber trotzdem
aktuell durch die Lieferengpässe nicht optimal ist
Der Gesamteindruck ist für mich durchmischt. Den Fertigern einerseits eine Kalkulationslösung zu verkaufen (und dafür auch Dateneinsicht zu nehmen) und andererseits
eben diesen Fertigern durch die Online-Plattform Konkurrenz zu machen, erscheint mir nicht ganz schlüssig und unfokussiert. Die Kosten der Bauteile sind im Vergleich zu den anderen Anbietern auch
deutlich höher.
Wer patriotische Gefühle in sein Geschäftsleben einbringen möchte, ist hier gut aufgehoben.
CNC24 ist vielleicht ein Sonderfall unter den Online-Plattformen. Es bietet weder eine Sofortpreiskalkulation, noch spezialisiert es sich auf ein Fertigungsverfahren. Mit über 8 Millionen EUR Funding fragt man sich etwas, was mit dem Geld (technologisch) entwickelt wird. Der Clue liegt jedoch an anderer Stelle: CNC24 will seinen Kunden persönliche Ansprechpartner für Fertigungsprojekte bieten und diese bezüglich geeigneter Fertigungsverfahren und konstruktiven Gestaltungsmöglichkeiten asführlich beraten. Stefan Martinez, der mit seinem VC-Fond in CNC24 investiert hat, sagt dazu: "The strong focus on intensive customer support in the right place clearly sets CNC24 apart from the competition."
Ein (vermeintliches) Alleinstellungsmerkmal dazu ist das firmeneigene Messzentrum in Berlin. Damit sollen die Vorteile einer günstigen Fertigung im In- und Ausland mit einem Qualitätsnachweis kombiniert werden.
Hier stellt sich mir natürlich die Frage, ob man mit einer Plattform als Kunde richtig aufgestellt ist, wenn diese weder Fisch noch Fleisch (weder auf dem Preisniveau anderer Fertiger, noch qualitativ greifbar wie ein klassischer Lohnfertiger) ist. Das Wertangebot einer guten Beratung und einer nachvollziehbaren Qualität bieten klassische Lohnfertiger (im Ausland) durchaus auch.
Das finde ich an CNC24 gut:
+ Viele Fertigungsverfahren auf Abruf
+ Hohe Individualisierbarkeit und Beratung für Fertigungsprojekte
Diese Dinge haben mir an CNC24 nicht so gut gefallen:
- Etwas unklare Value Proposition: Weder der schnellste, noch der günstigste - hoffentlich der hochqualitativste?
Für eine abschließende Beurteilung müsste man die Qualität der gelieferten Bauteile wohl mit denen der anderen Online-Fertigungsplattformen vergleichen. Leider kann
ich das (noch) nicht in statistisch relevanter Größenordnung realisieren (Sponsoren bitte melden). Auch für den Preisvergleich (siehe unten) konnte ich leider aufgrund des klassischen
schriftlichen Angebotsprozesses auf keine Daten zurückgreifen.
Der Preisvergleich war leider schwieriger als gedacht, da ja wie oben beschrieben vorallem up2parts und weerg einige Teile aufgrund von Größe oder Datenfehlern gekickt haben: Daher müssen wir unseren Vergleich leider auf weniger Teile beschränken als ursprünglich gedacht. Die Preise von Xometry waren so durch die Decke, dass ich mich dazu entschieden habe, sie gleich aus dem Vergleich rauszulassen.
Die ausgewählten Bauteile
Ich habe 25 Bauteile (siehe Abbildung mit den Frästeilen unten) aus meiner Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter genutzt, um den Preisvergleich anzusetzen. Die Bauteile unterscheiden sich nach Werkstoffen (Edelstahl, Aluminiumlegierungen, Stähle) und natürlich auch bezüglich ihrer geforderten Toleranzen.
Die Online-Kalkulation
Nicht immer waren alle Optionen bei allen Anbietern gleich gut zu kalkulieren, da die Vergleichbarkeit der Auswahlmöglichkeiten nicht immer gegeben war. Daher habe ich stets versucht, so vergleichbare Optionen wie möglich zu wählen.
Unten sieht man die resultierenden Preise der einzelnen Anbieter. Was auch sofort klar wird: Bei vielen Bauteilen ist die Preisspanne enorm. Weerg und up2parts haben die deutlichsten Ausschläge nach oben. Bei den einfacheren Teilen ist die Preisspanne geringer.
Da es schwierig ist aus der Übersicht die Anbieter direkt zu vergleichen, habe ich eine andere Methoden zur Vergleichbarkeit der Online-Kalkulatoren eingesetzt: Hierzu habe ich zunächst den Mittelwert jedes Teiles errechnet. Dieser Wert dient als Basis für den Vergleich der Anbieter zu diesem Mittelwert. Das heisst, man kriegt pro Frästeil einen Wert wieviel Prozent ein Anbieter über oder unter diesem Refrenzewert liegt. Der Mittelwert aller Fräsbauteile eines Anbieters ergibt also einen grundsätzlichen Überblick über die Kostenstruktur. Dies ist unten in der Abbildung links gezeigt.
Wie zu erkennen ist, sind Instawerk und weerg auf vergleichbaren Niveau, wobei sich eine Differenz von 11% zugusten von Instawerk zeigt. Up2parts ist mit 146% über dem Mittelwert aller Fräsbauteile deutlich teurer und wird nur noch von Meviy (164%) übertroffen.
Interessant ist auch die rechte Darstellung. Sie zeigt, wieviele der 25 Fräsbauteile, die als CAD Daten hochgeladen wurden, auch wirklich kalkuliert wurden. Bei up2parts fliegen aufgrund der Größe schon ein Großteil der Teile wieder raus. Teuer und wählerisch: Die Kombination klingt nach einem guten Deal für die Firma, ist aber jetzt nicht unbedingt im Kundeninteresse. Absolutes Schlusslicht ist auch hier Meviy, bei denen sich nur drei Frästeile überhaupt kalkulieren ließen. Instawerk und Spanflug führen das Feld an und haben wohl eine solide Preiskalkulation auf die Beine gestellt.
Vielleicht muss man eine Vorbemerkung machen, bevor man zum Fazit kommt: Ich habe die hier verglichenen Bauteile alle im Rahmen meiner Arbeit im Einsatz gehabt. Die Teile sind also keine "unfertigbaren" CAD-Hirngespinster, sondern real umgesetzte, gut konstruierte Bauteile. Damit ist einerseits der "Design for manufacturability" Check der Seiten etwas im Vergleich zu Kurz gekommen (wird aber noch nachgeholt!), andererseits wundert es mich, das Konstruktionen, die für den Maschinenbau wohl absoluter Standard sind, bei vielen der Online-Kalkulatoren (v.a. up2parts) rausfliegen oder astronomsich teuer sind (Xometry!). Die Frästeile, die ich hier im Einsatz habe, kann ich auch direkt zu den Online-Anbeitern vergleichen, was ich gerne in einem späteren Artikel noch tun werde. Eins vorab: Offline angefragte Teile lagen irgendwo zwischen den Preisen der ganzen Online Anbieter, eher teurer.
Mein zusammenfassendes Ranking der Online-Frästeilanbieter aus den vorangegangenen Überlegungen ist nun folgendes:
Wer noch gute Erfahrungen mit anderen Anbietern gemacht habt: Schreibt mir, damit ich sie hier ergänzen kann! Ich hoffe, dass ich bald auch einen Qualitätsvergleich mit Live-Parts machen kann!
Die Online-Bestellung von CNC-bearbeiteten Komponente ist sicher noch in den Kinderschuhen. Viele Spezialoperationen oder nachgelagerte Fertigungsumfänge, wie der Zusammenbau der gefertigten
Bauteile oder das überfräsen gegossener Komponenten sind noch nicht online verfügbar. Trotzdem sind die stetige Verfügbarkeit von CNC-Fertigungskapazitäten, die schnelle Online-Kalkulation und
die absolut wettbewerbsorientierten Kosten als harter Wettbewerb für lokale CNC-Fertiger in der Nähe anzusehen.
Ich bin gespannt, wie sich die gut 4.000-5.000 „Offline“-CNC-Fertiger in Deutschland gegen diese Disruption positionieren wollen. Zu naheliegend ist die Parallele zu Amazon und den Effekt, den
der Online-Riese auf den Einzelhandel hatte. Es gibt für mich persönlich wenig Beweggründe auf einen CNC-Fertiger in der Nähe zu setzen. Zumindest die strategische Ergänzung zur lokalen Fertigung
ist naheliegend.
Eventuell führt der oft vorliegende organsiatorische Zwang, mehrere Angebote einzuholen dazu, dass sich kein Monopol der Fertigung bilden kann, aber eine „Quasi-Kartellwirkung“ durch sich
selbstoptimierende Kostenkalkulationsalgorithmen ist technologisch abzusehen. In Folge könnte sich wirklich soetwas wie ein "Marktpreis" für Fertigungsteile einstellen, bei denen nicht
mehr jeder Fertiger auf Schätzungen basierte Kalkulationen abgibt, die teilweise um den Faktor 4-5 voneinander entfernt sind.
Auch das oft zitierte Qualitätsargument kalssischer Fertiger halte ich nur für ein Schutz-, wenn nicht sogar ein Scheinargument. Wer als CNC-Plattform die Datenhoheit über
Fertigungsqualität, Qualitätsstetigkeit und Liefertreue hat, sticht mit statistischen Daten auf Dauer das unqualifizierbare Matketingversprechen der lokalen Fertiger aus. Um so mehr verwundert
mich, dass einzelne sehr große Plattformen wie Xometry ihre Qualität nicht in den Griff bekommen.
So hart es für einen wichtigen Bestandteil der deutschen Industrie auch sein mag: eine neue Generation an Ingenieuren wächst in Entscheidungspositionen und ist an perfekte Realisierung,
transparente Prozesse und Schnelligkeit in der Online-Fertigung gewöhnt. Der CNC-Branche steht also die Aufgabe bevor, ein neues Wertangebot für die Kunden zu formulieren. Junge Unternehmen wie
Spanflug, InstaWerk und Weerg gehen das erfolgreich und technisch solide an. Die Antwort der klassischen Lohnfertiger muss sich hier behaupten.
Die CNC-Frästeile-Industrie erlebt einen bemerkenswerten Wandel, angetrieben durch technologische Fortschritte und die zunehmende Akzeptanz von Online-Bestellungen. Werfen wir einen Blick auf die zukünftigen Trends und Entwicklungen, die diese Branche revolutionieren könnten.
Innovative Materialien und Fertigungsmethoden Ein wesentlicher Trend in der CNC-Technologie ist die Verwendung neuer Werkstoffe, die stärker, leichter und umweltfreundlicher sind. Darüber hinaus führen fortschrittliche und ergänzende Fertigungsmethoden zu kürzeren Produktionszeiten und erhöhter Effizienz. Die Umsetzung dieser Trends lässt bei den Online-Plattformen bisher noch auf sich warten.
Digitalisierung und Automatisierung Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle in der Zukunft der CNC-Frästeile. Automatisierte Prozesse und KI-gesteuerte Systeme werden die Genauigkeit und Geschwindigkeit der Produktionsabläufe und der Logistik verbessern und gleichzeitig die Kosten senken. Diesen Digitalservice erhalten Nutzer von Fertigungsplattformen automatisch,
Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit Nachhaltigkeit wird immer wichtiger in der Fertigungsindustrie. Die Integration von umweltfreundlichen Praktiken und Materialien wird nicht nur zur Schonung der Umwelt beitragen, sondern auch die Marktanforderungen erfüllen. Zudem können Datenverfügbarkeit zur Nachhaltigkeit und Nachvollziehbarkeit der Produktion weiter die Nutzung von Fertigungsplattformen durch Unternehmen vorantreiben.
Die Online-Bestellung von CNC-Frästeilen ist im Begriff, einen bedeutenden Wandel zu erfahren. Mit fortschrittlichen Technologien und einem stärkeren Fokus auf Digitalisierung und Kosteneffizienz wird diese Branche weiterhin Innovationen vorantreiben und effiziente Lösungen für eine Vielzahl von Anwendungen bieten.
Die aktuelle Entwicklungen sind sicherlich zum Vorteil der Käuferseite. Der immense Druck bei den Online-Fertigern durch die hohe Transparenz immer weiter Lieferzeiten, Qualität und Kosten im Sinne des Kunden zu optimiereren, wird nicht ohne Konsequenz bleiben. Demographisch kommen immer mehr Entscheidungsträger zum Zug, für die sofortige Verfügbarkeit und digitale Transparenz selbstverständlich sind - und so erwarten sie es auch bei der Online-Bestellung ihrer individuellen Fertigungsteile.
Trotzdem glaube ich, dass die aktuelle Tendenz nur ein Zwischenschritt ist. In Zukunft wird sich auch das Engineering und andere industrielle Prozesse wie die Auditierung, die Qualitätskontrolle und die Logistik an Plattformen anschließen oder selbst neue Plattformen erzeugen. Catena-X, Manufacturing-X oder IntWL sind Forschungsprojekte, die in Deutschland bereits Grundlagen für diese Entwicklung legen.
Wenn Sie sich in diesen und weiteren Fragen angesprochen fühlen, können Sie gerne für eine tiefergehende Beratung zu Fertigungsplattformen und digitalen Marktplätzen in der Fertigung auf mich zukommen.
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